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Planungsanforderungen 4.0

In den vergangenen Jahren haben sich die Planungsanforderungen, die an Produktionsunternehmen gestellt werden, deutlich verändert. Aufgrund des zunehmenden Wettbewerbes, unter anderem hervorgerufen durch Globalisierungsprozesse, besteht in vielen Branchen heute ein Angebotsüberhang. Das heißt, Anbietermärkte haben sich vielfach zu Käufermärkten entwickelt. Produzenten versuchen sich in diesen Märkten durch eine Diversifikation ihres Produktportfolios von der Konkurrenz abzugrenzen. Demnach wird eine möglichst kundenindividuelle Bedürfnisbefriedigung angestrebt. Dies hat zu einer wesentlichen Erhöhung der Produktvariantenvielfalt geführt. Welche Auswirkungen haben diese Entwicklungen in der Praxis und wie sehen die Planungsanforderungen 4.0 aus?

Kunden können heute beispielsweise beim Autokauf aus einer nahezu unüberschaubaren Angebotspalette unterschiedlichster Autolackfarben und Ausstattungsvarianten wählen. Mit der kontinuierlichen Umsetzung der Industrie 4.0-Entwicklungen wird sich, vor allem aufgrund der damit verfolgten Vision von „Losgröße 1“, die Steigerung der Variantenvielfalt sehr wahrscheinlich weiter fortsetzen. Endverbraucher können dann etwa durch IT-Applikationen direkt Einfluss auf die Produktgestaltung nehmen.

Optimierungspotentiale in der Produktionsplanung nutzen

Für Produktionsunternehmen stellt die Bewältigung dieser Variantenvielfalt eine erhebliche Herausforderung dar. Auf der einen Seite soll eine hoch individuelle Bedürfnisbefriedigung in der Fertigung erfolgen und auf der anderen Seite erfordert der wettbewerbsbedingte Kostendruck jedoch eine Bedarfsaggregation. Das heißt, vor allem durch eine geschickte Sequenzierung von Fertigungsaufträgen in der Produktion lassen sich die notwendigen Kostensenkungen realisieren. Das Einsparpotenzial ergibt sich diesbezüglich zum Beispiel aus dem Wegfall von Rüstzeiten, wenn Fertigungsaufträge, die einen gleichen Artikel herstellen, in der Produktion aufeinander folgen.

Derartige Sequenzierungen begünstigen auch, dass Produktionsmitarbeiter nicht ständig mit wechselnden Fertigungsaufgaben konfrontiert werden. Dadurch wird ermöglicht, dass Lerneffekte im Fertigungsprozess auftreten können, die eine Verbesserung der Durchlaufzeit zur Folge haben. Die Möglichkeit einer derartigen Sequenzierung wird allerdings zum einen durch die mit den Kunden vereinbarten auftragsspezifischen Liefertermine und zum anderen durch möglicherweise entstehende Kapitalbindungskosten bei der vorzeitigen Auftragsfertigstellung begrenzt.

Da aufgrund der beschriebenen Steigerung der Variantenvielfalt die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens artikelgleicher Fertigungsaufträge im begrenzten Planungszeitraum weiter abnimmt, muss bei der Auftragseinplanung darauf reagiert werden. Das bedeutet, die Sequenzierung muss so erfolgen, dass Fertigungsaufträge in der Produktion aufeinander folgen, die gleiche oder „ähnliche“ Artikel herstellen.

Hierzu müssen in Advanced Planning and Scheduling (APS)-Systemen Möglichkeiten zur Definition planungsbeeinflussender Artikelmerkmale inklusive jeweiliger Toleranzbereiche geschaffen werden. So können etwa die Artikelmerkmale „Durchmesser“, „Gewicht“ oder „Länge“ die notwendige Maschinenumrüstung determinieren. Für Artikel, deren Merkmalsausprägungen diesbezüglich in definierten Toleranzbereichen liegen (gleiche Artikelklasse), kann die Umrüstung bei Fertigungsauftragswechseln auf der Maschine entfallen. Auch die Definition von Rüstzeiten in Form von Matrizen ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges Thema. Beispielsweise kann der Wechsel von Artikelklasse A auf B eine andere Rüstzeit erfordern als der Wechsel von Artikelklasse B auf A.

Optimierungsgruppen in GANTTPLAN®

Das APS-System GANTTPLAN® kommt diesen Anforderungen nach. In GANTTPLAN® lassen sich mit Hilfe sogenannter „Optimierungsgruppen“ individuell Artikelmerkmale mit entsprechenden Toleranzbereichen definieren. Am Artikel selbst wird dann die jeweilige Merkmalsausprägung festgelegt. Auf diesem Weg ist auch die Definition von Artikelklassen möglich. Weiterführend lassen sich in GANTTPLAN® aus diesen Optimierungsgruppen Matrizen zur Festlegung der jeweils notwendigen Rüstzeiten bilden.

Die Ressourcenbelegungsplanung von GANTTPLAN® nutzt diese Daten zur Erstellung einer optimierten Auftragseinplanung. Das heißt, Fertigungsaufträge werden nach Möglichkeit so auf der jeweiligen Maschine sequenziert, dass Umrüstungen entfallen. Dabei werden im Sinne einer multikriteriellen Optimierung weitere relevante Zielgrößen, wie die Erhöhung der Liefertermintreue oder die Minimierung von Kapitalbindungskosten, in der Auftragseinplanung ebenfalls berücksichtigt.

Kurzum: Mit derartigen Feinplanungstools lassen sich die Anforderungen der vierten industriellen Revolution für die Produktionsplanung 4.0 beherrschen

von: Enrico Teich

Liebe auf den zweiten Blick: der Planer und sein APS

Steht der Produktionsplaner mit dem Rücken zur Wand und überlegt, am besten gleich in der Produktionshalle sein Zelt für die ohnehin kurze Nacht aufzuschlagen, ist eine APS-Software die Rettung in der Not. Anders sieht es aus, wenn nicht der Planer diesen Wunsch hegt, sondern das Management des Unternehmens. Dann schleicht sich schnell ein ungutes Gefühl ein und die Angst vor der eigenen Ersetzbarkeit macht sich breit. Aber kann eine Software den Menschen tatsächlich ersetzen? Ist das gewollt?

Nein! Sagen nahezu alle Unternehmen, welche sich mit diesem Thema bisher ernsthaft auseinandergesetzt haben und diesen Schritt bereits gegangen sind. Die Erfahrung zeigt: das Know-how des Planers ist auch beim Einsatz einer APS-Software (advanced planning and scheduling) essenziell notwendig. Denn wird die Software unzureichend oder gar falsch „gefüttert“, kann sie keinen verlässlichen Plan erstellen.

Agieren statt reagieren
In vielen Unternehmen steht und fällt mit dem Produktionsplaner die gesamte Fertigung. Ist er plötzlich erkrankt oder verlässt das Unternehmen, stehen alle auf dem Schlauch. Viele Informationen sind nirgendwo dokumentiert, allein sein Wissen um die Zusammenhänge ermöglicht ihm, durchführbare Pläne zu erstellen. Dieses Ausfallrisiko ist vielen Unternehmen zu hoch. Hinzu kommt: Mit steigender Variantenvielfalt und zunehmender Komplexität gelangt jeder noch so erfahrene Planer auch irgendwann an seine Grenzen.

In der Folge entstehen durch suboptimale Pläne Lieferengpässe und die Geduld der Kunden wird mit mangelnder Termintreue auf eine harte Probe gestellt. Der Planer reagiert zumeist nur noch auf Probleme und verbringt die meiste Zeit mit der Suche nach den Ursachen. Die Fehleranfälligkeit nimmt zu. Kommt dann ein APS-System ins Spiel, ist die Skepsis beim Planer zunächst oft groß. Die Angst, fremdbestimmt einem maschinellen Algorithmus ausgeliefert zu sein, sitzt tief.

Die Realität beweist jedoch: kaum ein Unternehmen verzichtet nach der Einführung einer Planungssoftware auf seine Mitarbeiter in diesem Bereich. Im Gegenteil. Nach dem anfänglichen „Fremdeln“ erleben Planer eine solche Software oft als ideales Werkzeug zur Überwachung der Planungsvorgänge. Sie können nun wieder agieren. Das Tool findet und analysiert Problemstellungen sehr frühzeitig und bietet Lösungsvorschläge an, lange bevor daraus ein echtes Dilemma entstehen kann. Nun können sich Fertigungssteuerer wieder ihrer eigentlichen Aufgabe widmen: einen möglichst optimalen und reibungslosen Produktionsablauf zu organisieren. Das Tool dient als „Leitplanke“, und verhindert durch seine Restriktionsprüfung Fehler. Darüber hinaus hat der Planer immer die Möglichkeit, manuell einzugreifen und Modifikationen am Plan vorzunehmen.

von: Reik Zettl

 

Jobkiller oder Karrierechance – eine Betrachtung von Industrie 4.0

Für die einen ist sie der nächste logische Schritt unserer vernetzten Welt, für die anderen ist sie in erster Linie eine Größe mit vielen Unbekannten, insbesondere für Arbeitnehmer: die Industrie 4.0. Damit einher geht die smarte Fabrik der Zukunft. Arbeitnehmerverbände sprechen von drohender digitaler Arbeitslosigkeit oder digitaler Prekarisierung. Doch wird die Zukunft für Arbeitnehmer wirklich so düster oder eröffnen sich vielleicht auch neue Möglichkeiten und Berufsbilder?

Seit dem Beginn der industriellen Revolution in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hat es immer wieder gravierende Veränderungen der Berufsbilder und Tätigkeiten von Arbeitnehmern in Fabriken gegeben. Sie gingen zumeist Hand in Hand mit neuen technologischen Verbesserungen und Prozessoptimierungen. Und immer waren solche Veränderungen zunächst auch begleitet von Zukunftsängsten oder auch von Ablehnung.

Die Industrie 4.0 bzw. die digitale Revolution macht hier keine Ausnahme. Seit Ende des 20. Jahrhunderts verändert sie den Alltag in Fabriken im Akkord und sorgt mit immer neuen Entwicklungen in immer kürzerer Abfolge für eine bis dahin ungekannte Schnelllebigkeit. Dass dies zu Verunsicherung seitens abhängig Beschäftigter führt, ist zwangsläufig.

Neue Technologien = Job-Killer?

Die Erfahrung zeigt: steigende Produktivität zieht seit jeher Veränderungen in den Berufsbildern nach sich. Die wenigsten von uns benötigen oder vermissen heute die Dienste eines Stellmachers, eines Harzers oder eines Köhlers. Neue Technologien sind jedoch nicht zwingend der Auslöser dafür. Dies zeigt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Demnach sind lediglich etwa 0,4 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Berufen tätig, die in Kürze komplett von Computern und durch Automatisierung erledigt werden könnten. Bei etwa 60 Prozent der Arbeitnehmer könnte ein Anteil von 30 bis 70 Prozent der bisherigen Tätigkeit von Maschinen übernommen werden. Diese wiederum müssen jedoch überwacht und gesteuert werden, so dass sich zwar die Tätigkeit des Arbeitnehmers ändert, der Arbeitsplatz aber nicht wegfällt. Im Rahmen der Studie hat sich außerdem herausgestellt: Je höher die Qualifikation und der Bildungsgrad der Arbeitnehmer, umso weniger Tätigkeiten können durch Automaten und Computer übernommen werden. 

Industrie 4.0 als Karrierechance

Zugegeben, für Arbeitnehmer, die Jahre oder Jahrzehnte lang Arbeiten in der immer gleichen – analogen – Weise erledigt haben, ist eine Umstellung auf das digitale Zeitalter keine Kleinigkeit. Sie müssen vollkommen umdenken, viel Neues in kurzer Zeit erlernen und dennoch dem Arbeitsdruck und den Anforderungen ihres Arbeitsplatzes jederzeit gerecht werden.

Eine neue Generation von „Wissensarbeitern“ drängt in den Markt, welche die Digitalisierung quasi mit der Muttermilch aufgesogen haben. Sie bewegen sich problemlos in virtuellen Welten und möchten darauf in keinem Lebensbereich verzichten. Erst recht nicht im Arbeitsalltag. Dass dies nicht zwangsläufig zur Konkurrenz zwischen den Generationen führen muss, zeigt ein Beispiel aus einem KMU aus Bayern.

Projekt: softwaregestützte Produktionsplanung

Das Unternehmen aus Oettingen plante seine Produktionsaufträge mit 2 Disponenten und einer Excel-Tabelle. Steigende Auftragszahlen brachten diese Vorgehensweise 2010 an ihre Grenzen. Daher wurde nach einer Software-Lösung gesucht, welche die Planung erleichtert und für mehr Transparenz in den Abläufen sorgen sollte. Doch wie sollte dies bewerkstelligt werden? Keiner der angestammten Mitarbeiter konnte Erfahrungen in diesem Bereich aufweisen oder Zeit für eine Recherche erübrigen. Die Lösung fand sich in Person eines Studenten der Produktionswirtschaft. Er wurde mit diesem speziellen und für das Unternehmen essenziellen Projekt beauftragt. Heute ist dieser Ex-Student Leiter der Abteilung Produktionsplanung und arbeitet mit den etablierten, langjährigen Mitarbeitern eng im Team zusammen.

„Ohne die langjährige Erfahrung der Mitarbeiter zu den Abläufen, den Produkten und Abhängigkeiten wäre die Umstellung auf eine Software-gestützte Planung mittels einer APS-Software (Advanced planning and Scheduling) nicht möglich gewesen oder hätte unvergleichlich länger gedauert“, erläutert der Produktionsplaner und ergänzt: „Unser Erfolgsgeheimnis lag in der engen Zusammenarbeit und Abstimmung von vorhandenem und neuem Know-how.“ In dem KMU werden heute statt 20 Hauptmaschinen (Stand 2010) nun 180 Maschinen beplant. Dazu kommt eine effiziente Personaleinsatzplanung. Durch den Einsatz dieser Industrie 4.0-Technologie ist das Unternehmen heute in der Lage, wesentlich mehr Aufträge in deutlich kürzerer Zeit zu bearbeiten und verbessert ganz nebenbei auch seine Termintreue und Transparenz gegenüber den Kunden. „Die Qualität der Planung ist seit dem Einsatz der APS-Software deutlich gestiegen und auch die Ansprüche der Kollegen und Kunden haben enorm zugenommen“, erläutert der Planer und meint: „mit dem Essen kommt eben der Appetit“.

Quelle: Dualis-IT